Grabeskappelle in Jerusalem wiedereröffnet

Ökumenisches Restaurierungsprojekt nach 10 Monaten abgeschlossen

Zenit.org – Sie sind pünktlich zur Karwoche fertig geworden, wenn große Pilgermassen über die Via Dolorosa ziehen werden. Die Grabeskappelle ist die letzte Station des Kreuzwegs, Ziel aller Christen. Schon vor ein paar Tagen bauten die Restauratoren die Gerüste ab, die die Grabeskapelle entstellten. Seitdem wurde nur noch geräumt und geputzt für das Zeremoniell am heutigen Mittwoch, mit dem die Wiedereröffnung gefeiert werden soll.

Zehn Monate lang hat ein Team der Technischen Universität Athen im Akkord die wichtigste christliche Pilgerstätte gereinigt und erdbebensicher gemacht. Nun strahlt die im osmanischen Barock errichtete Ädikula wieder im Glanz ihrer Erschaffungszeit (1801). Sie befindet sich unter der mächtigen Rotunde der Grabeskirche.

Diese Ädikula markiert diejenige Stelle des Felsen, wo nach der Bibel der geschundene Leichnam Jesu begraben wurde und wo der Heiland am dritten Tag auferstanden ist. Kaiser Konstantin baute darum eine große Basilika, die von den Muslimen um die Jahrtausendwende zerstört wurde. Die jetzige Kirche ist ein Wiederaufbau aus dem 12. Jh.
Die Restaurierung war schon lange dringlich. Das Erdbeben 1927 von Jericho hat zu schweren Rissen im Mauerwerk geführt. Um den Bau vor dem Einsturz zu retten, hatte ihn die britische Mandatsregierung in ein Stahlkorsett geschnürt. Die Kapelle wurde nun von dem hässliches Provisorium befreit und neu konsolidiert. Die griechischen Restauratoren zerlegten sie fast vollständig in ihre Bestandteile, besserten oder ersetzten die einzelnen Steine aus. Anschließend wurde sie wieder originalgetreu aufgebaut. Darüber hinaus wurde der schwarze Film, der sich durch verbrannte Kerzen und Weihrauch und Staub ablagerte, entfernt.

Ein besonders bewegender Moment für die Restauratoren war die Öffnung des Grabes im Oktober des Vorjahres – nachts und hinter verschlossenen Türen. Die Marmorplatte über der Grabbank wurde für 60 Stunden gelüftet, um die ursprüngliche Felsoberfläche, auf der der Leichnam Christi zwischen Tod und Auferstehung lag, wissenschaftlich begutachten zu können. Außerdem galt es die kritischen Fundamente der Kapelle zu untersuchen. Im Erdreich gibt es große Wasseransammlung, die in einem weiteren Zukunftsprojekt ab- und umgeleitet werden soll. Das Grab ist bisher erst drei Mal geöffnet worden. Es ist also ein historisches Ereignis, das den Forschern zuteil wurde.

Die Besucher können heute durch ein kleines Fenster in der Ädikula auf die Grabplatte blicken.

Die Instandsetzung der heiligen Pilgerstätte ist ein Co-Projekt der drei größten christlichen Konfessionen, die sich die Hauptverwaltung der Grabeskirche teilen: die römisch-katholische, vertreten durch den Franziskanerorden, die griechisch-orthodoxe und die armenische apostolische Kirche.

Die komplizierten Besitzverhältnisse erschwerten über Jahrzehnte eine Einigung von jeglichen baulichen Maßnahmen – trotz der Dringlichkeit der Renovierungsarbeiten. „Dass am Ende doch eine Übereinkunft gefunden wurde, darf als Signal für eine friedliche Kooperation in der Zukunft gewertet werden“, meint zuversichtlich der Franziskanermönch Athanasis. Er ist für die Einhaltung des „Status quo“ verantwortlich, der im 19. Jahrhundert festgelegten Aufteilung der Kirche unter sechs christliche Konfessionen. Auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus beteiligte sich der Heilige Stuhl mit einer halben Million US-Dollar an den 3,4 Millionen teuren Arbeiten.

Auch die Segnung der Kapelle steht im Zeichen der Einheit der christlichen Konfessionen. Dabei werden der griechisch-orthodoxe Patriarch Theophilos III., der armenisch-apostolische Patriarch Nourhan Manougian und der Administrator des lateinischen Patriarchats, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, gemeinsam auftreten. Laut der Stiftung „Pro Oriente“ soll sogar der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., anreisen. Er war zuletzt 2014 anlässlich des Papstbesuches in Jerusalem.

Dass dieses Jahr Ostern der orthodoxen und westlichen Christen zusammenfällt, ist sicherlich zusätzlich als gutes Omen zu werten.