Die Kaste schwillt ab

Das italienische Parlament hat seine Verkleinerung um ein Drittel beschlossen. Gleichzeitig will die Lega das Wahlgesetz umkrempeln. Es soll starke Parteien fördern und Splitterparteien der Opposition ausschalten.

Am 8. Oktober 2019 hat die neue Regierung als eines der ersten Reformen die Verkleinerung des Parlaments beschlossen. Ab der nächsten Legislatur sollen beide Kammern um mehr als ein Drittel dimensioniert werden, um sie dem europäischen Standard anzupassen: das Abgeordnetenhaus von 630 auf 400 Sitze, der Senat von 315 auf 200 Sitze. Damit sackt Italien sogar im Verhältnis zwischen direkt gewählten Parlamentariern und Bevölkerungszahl sogar etwas unter das EU-Mittel ab.

Der Senat im Palazzo Madama ist die kleinere der beiden Kammern, er wird auf regionaler Ebene gewählt. Schon Matteo Renzi scheiterte 2016, diesen nach dem Vorbild des deutschen Bundesrates zu reformieren.

Das Abschwellen des Regierungsapparats war eine populäre Koalitionsbedingung der Fünf-Sterne-Bewegung. Eingespart würden laut Chef des M5s Luigi Di Maio 100 Mio jährlich, nach den Berechnungen von Finanzexperte Carlo Cottarelli (Osservatorio dei conti pubblici) allerdings nur 57 Mio Euro. In jedem Fall ist die eingesparte Summe nicht einschneidend für den Haushalt.

Hingegen bringt der Wegfall von 345 Parlamentariern nicht wenige Probleme. So wird die Arbeit der Ausschüsse und die territoriale Repräsentanz im Senat leiden. Die Mehrheitsfindung in den beiden Kammern wird durch weniger Sitze nicht erleichtert, im Gegenteil. Die Frage ist auch, welche Politiker von den Parteien ausgesiebt werden. Kritiker befürchten, dass erfahrene und besonders parteikritische Politiker von der Liste gestrichen werden. Mediale Qualitäten rücken noch stärker in den Vordergrund. „Weg mit der Kaste“ – gut und schön. Aber welche Politikergeneration rückt nach?

Noch einschneidender für das politische System Italiens ist der anstehende Kampf um das Wahlsystem. Die rechtsnationale Lega von Matteo Salvini hat ein Referendum beantragt, das das geltende Wahlgesetz „Rosatellum“ (eine Mischung aus Proporz und Majorz) abschaffen soll. Sie will es in ein reines Majorzsystem mit Einerwahlkreisen nach britischem Vorbild umwandeln. Ein solches Wahlgesetz begünstigt starke Parteien – wie die Lega. Laut Umfragen (33%) dürfte ihr der Sieg bei den nächsten Wahlen gewiss sein.