Das Meer färbte sich rot

Is-Terrormiliz rückt nach Libyen vor: Massenenthauptung von koptischen Gastarbeitern

Zenit.org – „Sie wurden ermordet, nur weil sie Christen sind“, kommentierte heute Morgen Papst Franziskus die grausame Massenhinrichtung durch IS-Terroristen in Libyen. Gestern hatten Extremisten ein Video veröffentlicht, das die Enthauptung von 21 jungen Männern an einem Strand zeigte. Der Titel „Eine in Blut geschriebene Nachricht an die Nation des Kreuzes“ bekundet unmissverständlich, dass die Schreckenstat direkt an die Christen als Religionsgemeinschaft gerichtet ist.

IS-Propagandavideo, Hinrichtung der 21 Kopten - Foto: AFP
IS-Propagandavideo, Hinrichtung der 21 Kopten – Foto: AFP

Mittlerweile hat die koptische Kirche die Ermordung ihrer Glaubensbrüder bestätigt. Es handelt sich demnach um aus Oberägypten stammende Gastarbeiter, die sich auf dem Rückweg in die Heimat befanden. Ihr Bus wurde von Terroristen gestellt. Über die Ausweise, in der nach ägyptischem Gesetz die Religion vermerkt ist, wurden sie als Christen identifiziert und anschließend entführt. „Angehörige der Geiseln wandten sich darauf an die ägyptische Regierung und baten um Hilfe. Doch die Behörden taten nichts“, berichtete heute der Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, gegenüber der Bild-Zeitung. Die Entführung soll sich zwischen Ende Dezember und Anfang Januar ereignet haben.

Präsident Abdel Fattah al-Sisi kündigte nach der Veröffentlichung des Videos Vergeltung an. Außerdem wurde eine siebentägige Staatstrauer angeordnet. Die Luftwaffe fliegt seit dem Morgengrauen Angriffe gegen IS-Stellungen in Libyen. In mindestens sieben Angriffen seien gezielt Quartiere, Treffpunkte und Waffendepots in Derna bombardiert worden. Die Streitkräfte räumten mehrere Dutzend Tote ein. Der Küstenort befindet sich im Nord-Osten Libyens, nicht weit von der Grenze zu Ägypten. Hier haben sunnitische Extremisten letzten Oktober dem selbsternannten IS-Kalifen Abu Bakr al-Bagdadi die Treue geschworen. Derna ist damit die erste Stadt außerhalb des Irak und Syriens, die dem von den Dschihadisten ausgerufenen Kalifat beitrat. Seitdem regiert die Scharia mit öffentliche Hinrichtungen und Auspeitschungen.

Libyen ist ein erschreckendes Beispiel wie radikale Gruppierungen die Terror-Strategie für ihre lokalen Machtzwecke nutzt. In dem erdölreichen nordafrikanischen Land tobt seit dem Sturz von Diktator Muammar Gaddafi vor drei Jahren ein Machtkampf zwischen zwei rivalisierenden Gruppen ehemaliger Rebellen, die es geteilt haben. Im Westen steht die islamistisch geführte, international nicht anerkannte Regierung in Tripolis. Sie protestierte gegen die Luftschläge, die „eine Attacke auf die Souveränität Libyens“ seien. Auf der anderen Seite, im Osten, steht die Regierung von Tobruk, die international anerkannt ist. Ägypten hat sich mit der militärischen Intervention deutlich auf die Seite der offiziellen libyschen Regierung gestellt. Sie unterstützten bereits letzten Sommer zusammen mit saudischen Streitkräften in einem Konflikt den schwachen Nachbarn.

Eine scharfe Verurteilung der barbarischen Massenhinrichtung der IS kam auch von dem hochrangigen Iman der Al-Azhar-Moschee in Kairo, die mit ihrer Rechtsprechung für Millionen Sunniten wegweisend ist. „Sie hat nichts mit Religion oder menschlichen Werten zu tun.“ Die koptisch-orthodoxe Kirche zeigte sich über die Solidarität vonseiten des Staates und Religion erfreut und äußerte Vertrauen, dass die „Schuldigen der Justiz ausgehändigt werden“. Die Kopten bilden etwa 10 Prozent der ägyptischen Bevölkerung. Sie leiden zunehmend unter Anfeindungen und Angriffen von Muslimen. Aus diesem Grund sind der militärische Vergeltungsschlag der ägyptischen Regierung und auch die Verdammung durch Al-Azhar ein wichtiges symbolisches Zeichen für die bedrängten Christen, die als Bürger zweiter Klasse gelten. Auch innerhalb der verschiedenen Koptengemeinden in Ägypten wurde Solidarität laut. Der Patriarch der katholischen Kopten von Alexandrien, Ibrahim Isaac Sidrak, “bekundete den orthodoxen Brüdern sein Beileid, die ihr Leben für den Glauben gegeben haben”.

Indes ist die Staatengemeinschaft über die Ausweitung der IS-Bedrohung in Nordafrika besorgt. Italien hat seine Landsleute noch gestern mit einem Handelsschiff in Sicherheit gebracht. Die Botschaften in Tripolis wurden vorübergehend geschlossen. Die Angst vor den Dschiadisten hat unter den Ausländern einen Exodus ausgelöst. Bemerkenswert ist, dass der apostolische Nuntius, Monsignor Giovanni Innocenzo Martinelli, sich trotz der Gefahr zum Bleiben entschieden hat. “Ich muss bleiben. Wie könnte ich die Christen sich selbst überlassen?“, sagte er heute in einem Gespräch mit Radio Vatikan. Libyen ist ein gespaltenes Land, das nur mit Mühe seine innere Einheit findet. Hinter den Dschiadisten steckt das Öl von Libyen…!“

Frankreichs Staatschef François Hollande fordert zusammen mit Ägyptens Staatschef al-Sisi eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats. “Die internationale Staatengemeinschaft müsse neue Maßnahmen beschließen, um dieser Gefahr entgegenzutreten“, teilte die französische Präsidentschaft heute mit. Der IS hat weite Teile Syriens und des Iraks unter ihre Kontrolle gebracht und dort ein Kalifat errichtet. Die Tatsache, dass die Terrororganisation sich in Nordafrika Ableger gegründet hat, sollte die Staatengemeinschaft alarmieren, dass die Kapazitäten des IS bisher unterschätzt wurde.